Enid Blyton

Die Insel der Abenteuer

Abenteuer-Hörspiel
ca. 50 Minuten
Fontana


Dialogbuch: Jörg Bobsin
Regie: Jörg Bobsin
Produktionsjahr: 1966


Sprecher:

Philipp - Karel Meirowitz
Jack - Heinz Kühsel
Dina - Sibylle Sannwald
Lucy - Carola Bücklers
Jo-Jo - Udo Wulff
Kiki, der Papagei - Willi Sachse
Bill Smugs - Josef Dahmen
Tante Polly - Gerda Maria Jürgens
Onkel Jocelyn - Willy Wiesgen
Harry - Hans Irle
Sam - Ah-Yue Lou
Polizist - Edgar Maschmann
u.a.


Kritik:

Mit manchen Hörspielschätzen verbindet einen eine langjährige persönliche Erinnerung. So ergeht es mir mit dem 1966er Hörspielklassiker "Die Insel der Abenteuer" aus dem Hause Fontana - eine der ersten Schallplatten, die ich selbst in einem Laden entdeckte und mir von meinem Taschengeld leistete. Das Hörspiel gehört zu der kleinen, aber feinen Produktionsreihe von Hörspielbearbeiter und Regisseur Jörg Bobsin, der neben weiteren frühen Enid-Blyton-Hörfassungen von "Die Burg der Abenteuer", "Geheimnis um einen nächtlichen Brand" und "Geheimnis um eine siamesische Katze" nur eine knappe Handvoll anderer Hörspiele produzierte - allesamt in den Sechzigerjahren und mit einem Sprecherstab versehen, der (mit einer Ausnahme) sonst eher selten zu hören ist.

Natürlich gehört die Abenteuer-Reihe von Enid Blyton in die Kategorie der oft vertonten und verfilmten Kinder-Klassiker - und doch will ich hier eine Lanze brechen für dieses erste deutschsprachige Hörspiel der Reihe um die vier Kinder Jack, Philipp, Dina und Lucy, die gemeinsam mit Papagei Kiki viele Abenteuer bestehen, und die auch heute noch zurecht viele Fans rund um den Globus haben.

"Die Insel der Abenteuer" wird eingeleitet von einem kurzen Ich-Erzähler-Part Jacks, der die Hörer gleich hineinschmeißt in das düster-unheimliche Abenteuer, das die vier Kinder auf der Toteninsel bestehen müssen. Reichlich altmodisch mutet es an, wenn Jack sich also zu Beginn an die Hörer wendet: "Kommt, wir gehen ins Haus. Habt ihr Lust?"

Doch sofort ist man mittendrin im Geschehen und tobt mit den Kindern durchs Haus, erforscht Höhlen, trifft den finsteren Bösewicht Jo-jo, der hier (im Produktionsjahr 1966) noch ungeniert als "Neger" tituliert wird, entdeckt Vögel und erkundet geheimnisvolle Gänge - und - natürlich - kommen auch echte Ganoven ins Spiel!

Dies ist die erste Geschichte aus Enid Blytons Abenteuerzyklus, und hier treffen die Kinder erstmals auf den mysteriösen "Bill Smugs", der sich höchst verdächtig macht - kein Wunder, sucht er sich doch dummerweise gerade Jacks Steckenpferd, die Vogelkunde, als fingiertes Hobby aus! Doch bis sich das Geheimnis um "Bill Smugs" aufklärt, müssen die vier Abenteurer erst viele Rätsel lösen: Warum will Jo-jo sie unbedingt von der Toteninsel fernhalten? Wer gibt die geheimnisvollen Lichtsignale auf der Toteninsel, die nachts zu sehen sind? Und wohin führt der unterirdische Geheimgang, den sie zufällig entdecken?

Mit wenig Musik hat Jörg Bobsin sein ca. 50-minütiges Hörspiel ausgestattet - dafür kommen viele unheimliche und schräge Sounds und Klänge zum Einsatz, die eine düstere, dichte Atmosphäre generieren, welche man in späteren Vertonungen dieser Reihe vergeblich sucht. Bobsin setzt ganz auf knisternde Spannung und stattet so "Die Insel der Abenteuer" mit einer ganz eigenen Note aus - und er setzt mit seinen Blyton-Vertonungen so ganz andere Akzente als sein "Nachfolger" Kurt Vethake, der in den späteren Hörspielfassungen der Abenteuer-Reihe mehr auf Gesang und helle Töne setzt. Beides hat seine Reize, und beide Regisseure hätten unterschiedlicher nicht arbeiten können. Doch diesen hohen "Unheimlich"-Faktor, den gab es nur bei Jörg Bobsin.

Da passt es ins Bild, dass "Die Insel der Abenteuer" mit dem bedrohlichsten Schurken ever in Blyton-Hörspielen aufwartet: einem sehr böse dargestellten Jo-jo, der seinen jungen Hörern die Gänsehaut über den Rücken laufen lässt und der von Udo Wulff dementsprechend knallhart dargestellt wird.

Die Sprecher dieser Produktion kennt man eher weniger aus anderen Hörspielen, vor allem die Kinderdarsteller Karel Meirowitz (Philipp), Heinz Kühsel (Jack), Sibylle Sannwald (Dina) und Carola Bücklers (Lucy) sind einem sonst kaum im Ohr.

Die erwachsenen Sprecher dagegen schon eher: Hans Irle war lange Zeit sehr gefragt in der Branche, und Gerda Maria Jürgens alias Tante Polly ist vielen noch ein Begriff als "Granny" aus der Reihe Scotland Yard. Als sehr zerstreuter Onkel Jocelyn kommt der Filmschauspieler Willy Wiesgen zu einem späten Einsatz, und in der Rolle des Bill Smugs ist der - für heutige Ohren viel zu alt besetzte und damals immerhin schon über sechzigjährige - Joseph Dahmen zu hören.

Das Hörspiel endet - ähnlich wie es beginnt - mit einer Ich-Erzähler-Sequenz, in der Jack und Lucy die Hörer darauf hinweisen, "die nächste Schallplatte" anzuhören: "Die Burg der Abenteuer" - so ging Marketing 1966!


Fazit:

Anhören! Und nochmal anhören! Dieses Hörspiel von Kurt Vethake glänzt durch die spannende Geschichte, klasse Sprecher und ist eine rundum gelungene Hörspieladaption: eine glatte Eins!