William Boyd

Ruhelos

Hörspiel
ca. 103 Minuten
Produktion: NDR 2008
Label: steinbach sprechende bücher
2 CDs; Euro 17,99
ISBN: 978-3-88698-948-5


Regie: Andrea Getto

Sprecher:
Hille Darjes, Ulrike Grote, Sascha Icks, Bernhard Schütz, Thore Kühl, Wolf-Dietrich Sprenger, Hussi Kutlucan, Gabriela Maria Schmeide, Peter Jordan, Alexander Geringas, Helgo Liebig, Isabell Giebeler, Christoph Zapatka, Felix Kramer, Friedhelm Ptok, Samuel Weiss, Michael Griem, Jürgen Uter, Mario Ramos, Thor W. Müller, Klaus Dittmann, Peter Kirchberger, Ole Schloßhauer, Nils Owe Krack, Stella Jürgensen

Inhalt:
In dem langen heißen Sommer 1976 erfährt Ruth Gilmartin, dass ihre Mutter Sally in Wirklichkeit Eva Delektorskaja, eine russische Emigrantin und ehemalige Spionin, ist. Was geschieht, wenn alles, was man über seine Mutter zu wissen glaubte, sich plötzlich als Trugbild erweist? Ein durchtrieben-doppelbödiges Spiel beginnt.


Kritik:

Ruth Gilmartin arbeitet in Oxford an ihrer Dissertation, erteilt nebenbei Sprachunterricht und kümmert sich um die Erziehung ihres Sohnes Jochen. Zweite Bezugsperson in Ruths Leben ist ihre Mutter, Sally, die zurückgezogen in einem kleinen Haus lebt. Als diese ihr eines Tages erzählt, sie fühle sich beobachtet, und zwar von einem Mann namens Lucas Rohmer, fällt Ruht aus allen Wolken. Denn Sally erklärt ihr weiter, dass sie eigentlich Eva Delektorskaja heißt und während des Krieges als Spionin für England gearbeitet hat. Für ihre Tochter schreibt Sally nun ihre Geschichte auf, und Ruth bekommt mit diesem abenteuerlichen Bericht eine Spionagegeschichte an die Hand, die Sallys gefährliches Leben und Arbeiten für den Secret Service im Zweiten Weltkrieg aufrollt. Und ein gewisser Lucas Rohmer spielt dabei eine entscheidende Rolle...

Die Story von William Boyd ist komplex, wird in zwei Ebenen erzählt, wechselt ständig die Perspektive und verlangt dem Hörer deshalb einiges an Aufmerksam ab. Aber das tun gut erzählte Spionagegeschichten eigentlich immer. Andrea Getto führt n dieser Produktion des NDR aus dem Jahr 2008 Regie, und sie setzt den Roman gut um. Gleich zwei Erzählerinnen führen durchs Geschehen, und der doppelbödige Spionageroman, der zum einen im 2. Weltkrieg, zum anderen 1976, inmitten der Zeiten des Kalten Krieges (und zu Zeiten des Baader-Meinhof-Prozesses), spielt, wirkt griffig und kompakt.

Die Geschichte selbst ist eher leise und eindringlich, arbeitet viel mit Rückblenden und lässt vor allem den Alltag der Spionin Eva Delektorskaja aufleben, die - ohne ihr Zutun - plötzlich zwischen den Fronten die Art von Drecksarbeit erledigen muss, die einem niemals Ruhm und Anerkennung, aber immer große Gefahr einbringt. Der Roman zeigt die Welt eines "James Bond" in einem völlig anderen, trostlosen Licht: keine aufregenden, mondänen Einsätze, sondern Lebenslügen und Verrat, die Zerbrechlichkeit der eigenen, meist falschen Realität und der stets lauernde Tod stehen hier im Vordergrund.

Mit Hille Darjes als Sally Fairchild und Eva-Erzählerin, Ulrike Grote als Eva Delektorskaja, Sascha Icks als Ruth Gilmartin und Bernhard Schütz als Lucas Rohmer ist das Hörspiel hervorragend besetzt. In weiteren Rollen sind Friedhelm Ptok, Samuel Weiss und viele andere zu hören. Musikalisch ist "Ruhelos" eher kühl und unaufdringlich untermalt, so dass das Hauptohrenmerk immer auf der mehrschichtigen Story liegt.

Insgesamt ist "Ruhelos" eine empfehlenswerte Hörspielumsetzung, und der Roman reiht sich inhaltlich in die klassischen Spionageromane von John Le Carré und Eric Ambler ein, die ähnlich ernüchternde Agentengeschichten erzählen.



Fazit:

Klassische Spionagegeschichte mit Zeitkolorit in leiser, eindringlicher Umsetzung



Infos und Hörproben: http://www.sprechendebuecher.de