Daniel Glattauer

Gut gegen Nordwind

Ungekürzte Lesung
Gelesen von Andrea Sawatzki , Christian Berkel
HörbucHHamburg
ca. 288 Minuten, 4 CDs
ISBN 978-3-89903-807-1; € 14,95


Sprecher:
Andrea Sawatzki, Christian Berkel, Walter Kreye, Heikko Deutschmann


Inhalt:

"Schreiben Sie mir, Emmi. Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf."
Erstaunlich, wie wenig Worte notwendig sind, um Leidenschaft zu entfachen. Sie müssen nur richtig gewählt sein und zur rechten Zeit kommen.
Bei Leo Leike landen irrtümlich E-Mails einer ihm unbekannten Emmi Rothner. Aus Höflichkeit antwortet er ihr. Und weil sich Emmi von ihm angezogen fühlt, schreibt sie zurück. Bald gibt Leo zu: «Ich interessiere mich wahnsinnig für Sie, liebe Emmi. Ich weiß aber auch, wie absurd dieses Interesse ist.» Und wenig später gesteht Emmi: «Es sind Ihre Zeilen und meine Reime darauf: die ergeben so in etwa einen Mann, wie ich mir plötzlich vorstelle, daß es sein kann, daß es so jemanden wirklich gibt.» Es scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein, wann es zum ersten persönlichen Treffen kommt, aber diese Frage wühlt beide so sehr auf, daß sie die Antwort lieber noch eine Weile hinauszögern. Außerdem ist Emmi glücklich verheiratet. Und Leo verdaut gerade eine gescheiterte Beziehung. Und überhaupt: Werden die gesendeten, empfangenen und gespeicherten Liebesgefühle einer Begegnung standhalten? Und was, wenn ja?


Kritik:

"15. Jänner / Betreff: Abbestellung / Ich möchte bitte mein Abonnement kündigen. Geht das auf diesem Wege? Freundliche Grüße, E. Rothner"

Mit dieser lapidaren E-Mail beginnt "Gut gegen Nordwind", ein Liebesroman der etwas anderen Art, denn die gesamte Geschichte ist ein einziger E-Mail-Dialog - unterbrochen nur von einigen wenigen kurzen Passagen, die nicht von Emmi Rothner und ihrem E-Mail-Partner Leo Leike selbst stammen.

Kann dieses Konzept ausreichen für einen ganzen Roman? Eine berechtigte Frage, denn - wie wir alle wissen - E-Mail-Kommunikation ist per se schnell, oberflächlich und dünn ... oder etwa doch nicht? Auf vier CDs entwickelt sich diese Lesung, und sie packt von Beginn an den Hörer beim Wickel: mit ihren auf den Punkt gebrachten philosophischen Betrachtungen zur Liebe, den theoretischen Fachsimpeleien, den immer stärker werdenden Gefühlen, der Skepsis und Unsicherheit, die sich bei Leo und Emmi langsam einschleichen und entwickeln und ihren Dialog bis zum Ende begleiten: Werden die beiden mutig genug sein, sich auch im wahren Leben zu treffen? Und wenn ja, wird ihre E-Mail-Idylle zusammenbrechen unter ihren großen Erwartungen?

Was dem 18. Jahrhundert der Briefroman war ("Die Leiden des jungen Werther", "Gefährliche Liebschaften"), wird im Zeitalter von Internet-Chat, E-Mail und sozialen Netzwerken nunmehr konsequenterweise zum E-Mail-Roman weiterentwickelt: Zwar erfindet dieser E-Mail-Roman das Literatur-Rad nicht neu, bringt sich aber in neuem, modernem Gewand zur Blüte:

Daniel Glattauer hat mit "Gut gegen Nordwind" einen durch und durch großartigen Roman entworfen und geschrieben, und dieses Experiment begeistert jeden, der Buch oder Hörbuch in die Finger bekommt. Vor allem die Lesung ist es, die ganz besonders gelungen ist, denn sie erweckt die Story erst so richtig zum Leben - und man kann sich kaum vorstellen, dass das Hörbuch in irgendeiner Form hätte besser ausfallen können, als es ist.

Die beiden Vollblutschauspieler Andrea Sawatzki und Christian Berkel (auch im echten Leben ein Paar) sind die ideale Besetzung für die Lesung, die es versteht, mit einer unglaublichen Leichtigkeit diese neumodische Variante einer Liebesgeschichte ans Ohr zu bringen: mal rasant und frech, mal besonnen und betrübt, mal sarkastisch, mal zickig - eine rundum tolle Darbietung.


Fazit:

Stilistisch treffsicher, exzellent vorgetragen und beileibe nicht nur gut gegen Nordwind:
tolle Liebesgeschichte, die einen bis zum Ende nicht loslässt - Hörtipp!


Weitere Infos: http://www.hoerbuch-hamburg.de/