Irene Tschermak

Flucht aus Trakehnen - Friedhelms Geschichte

Hörspiel ab 10 Jahren
Produktion: WDR 2005
Igel-Records
ca. 98 Minuten
2 CD; ISBN: 3-89353-190-5; 15,95 €

Sprecher:
Friedhelm Ptok, Tobias Schenke, Wanda Perdelwitz, Friedrich Schönfelder, Ulrike Bliefert, Jörg Thieme, Barbara Ratthey, Laszlo Kish, Peter Obermann, Jonathan Ruschke, Axel Scholtz, Peter Rührig u.v.a.

Covertext:
Oktober 1944 in Ostpreußen. Von einem Familienbesuch zurückkehrend, findet der 15jährige Reitbursche Friedhelm das Hauptgestüt Trakehnen vollkommen verlassen vor. Mensch und Tier sind Hals über Kopf vor der herannahenden russischen Armee geflüchtet. Er trifft auf die Tochter einer Gutsbesitzerfamilie, Erdmute, die im Chaos der Flucht von ihrem Treck getrennt wurde. Mit einer Kutsche, gezogen von einer Trakehnerstute, machen die beiden sich auf den Weg nach Westen, ein Weg voller Gefahren, der sie 1000 km durch Eis und Schnee führt.


Kritik:

Ostpreußen, Oktober 1944. Der junge Friedhelm, glücklich mit seinem Leben als Reitbursche im berühmten Hauptgestüt von Trakehnen, wird plötzlich jäh von der Geschichte erfasst und hart in die politische Wirklichkeit geschleudert: Als er von der Beerdigung seiner Großmutter auf das Gestüt zurückkommt, findet er das riesige Anwesen verlassen vor. Einzig die Stute Cordula scheint wie er übrig geblieben - alle anderen sind verschwunden...

In ruhigen kindgerechten Szenen und mit sehr eindringlicher Musik erzählt die WDR-Produktion aus dem Jahre 2005 Friedhelms Geschichte, die zugleich auch die Geschichte einer der größten Völkerwanderungen der europäischen Geschichte der letzten Jahrhunderte ist. Dabei widmet sich der erste Teil in einer Rückschau Friedhelms Leben in den Jahren vor 1944, erzählt seinen Werdegang vom Schüler zum Lehrling auf dem Trakehner-Gestüt und berichtet vom Leben im Memelland und in Ostpreußen in den Vierzigerjahren. Im zweiten Teil dann folgt die eigentliche Flucht, der brutale Marsch übers Eis, das zwischen den Flüchtlingen und dem "sicheren" Westen lag und viele Opfer forderte.

Dabei gelingt es dem sensibel eingespielten Hörspiel von Burghard Ax, das Kriegsdrama um auseinander gerissene Familien, Elend, Krankheiten und allgegenwärtigem Tod ruhig und bedächtig an zarte Kinderohren heranzutragen, ohne plakativ oder brutal zu werden. Klanglich schiebt sich vor allem die eindringliche Musik von Helena Rüegg in den Vordergrund, und die gezielt eingesetzten Effekte und Geräusche spielen eher die zweite Geige, was der Geschichte gut tut, denn so kann man sich problemlos auf die ruhige Erzählweise einlassen, die das Hörspiel dominiert.

Sprechertechnisch hat man gut gewählt. Friedhelm Ptok gibt einen wunderbaren Erzähler, mit viel Wärme führt er durch das WDR-Hörspiel und lenkt das Geschehen, das inklusive der Rückblende mehrere Jahre umfasst. Tobias Schwenke in der Rolle des Friedhelm liefert eine starke Leistung ab, ebenso Wanda Pendelwitz als Erdmute sowie Peter Rührig als Lojewski, und der große Friedrich Schönfelder glänzt in seiner Rolle als Makowski. Auch die Nebenrollen sind bestens besetzt, von Ulrike Bliefert über Barbara Ratthey bis hin zu Wolfgang Condrus und Peter Groeger.

Natürlich kommen gerade beim Thema "Zweiter Weltkrieg" bei und nach dem Hören jede Menge Fragen auf, und Eltern tun gut daran, das Hörspiel mit ihren Kindern gemeinsam zu hören und danach auch darüber zu reden.


Fazit:

Ein Stück (Kriegs- und Völkerflucht-)Geschichte, ruhig und sensibel eingespielt - für Kinder und Eltern empfehlenswert!

Weitere Infos: www.igel-records.de