Dorothy L. Sayers

Das Spukhaus im Merriman's End

Kriminalhörspiel des MDR
Verlag: Audiobuch Freiburg
53 Minuten
1 CD, ISBN 3-89964-023-3, Euro 12,90
1 MC, ISBN 3-89964-037-3, Euro 12,90

Sprecher:
Erzählerin - Dagmar von Thomas
Lord Peter Wimsey - Peter Fricke
Harriet, seine Frau - Conny Wolter
Schwester - Daniela Voß
Arzt - Felix von Manteuffel
Konstabler Burt - Marco Albrecht
Mr. O'Halloran - Martin Olbertz
Diener William - Karl-Heinz Choynski
Dienstmädchen - Susanne Böwe

Covertext:
Nicht einmal in der Nacht, in der Lord Peter zum ersten Mal Vater wird, hat er eine kriminalistische Pause. Ein völlig verwirrter Konstabler berichtet vom Haus Nummer 13 in Merriman's End, aus dem er bei seinem Streifengang 'Hilfe!'- und 'Mord!'-Schreie hörte. Da ihm nicht geöffnet wurde, blickte er durch den Briefschlitz in die Diele. Dort lag ein Mann am Boden. Konstabler Burt lief um Hilfe. Als er mit einem Kollegen zurückkam, war das Haus Nr. 13 verschwunden. Es gibt nur eine '12' und eine '14', aber keine Nr. 13 in dieser Gasse, und es hat auch nie eine gegeben. Burt hatte aber die '13' über der Tür genau gesehen und kann auch die Einzelheiten der Diele minutiös beschreiben. Lord Peter hilft dem verzweifelten Polizisten aus der Klemme.


Kritik:

Wer sich ein bisschen im Universum der britischen Kriminalschriftstellerin Dorothy Leigh Sayers auskennt, der kennt auch Lord Peter Wimsey, den cleveren Hauptdarsteller vieler Romane und Erzählungen. Diese Geschichte hier gehört nicht zu den bekanntesten aus der Reihe um den adligen Amateur-Detektiv und dürfte spannungsmäßig wohl eher im Mittelfeld des Sayer'schen Werks anzusiedeln sein. Trotzdem - als echter Sayers-Fan dürstet man förmlich nach Hörspiel-Umsetzungen, und so viele Sayers-Hörspiele gibt es ja leider (noch) nicht... ein paar Radiohörspiele hier und da, aber die meisten sind leider Raritäten und nicht käuflich zu erwerben.
Da ist es eine schöne Sache, dass der MDR sich endlich an eine ganze Reihe von Lord-Peter-Erzählungen herangewagt hat - den Hörer freuts! - und das umso mehr, als der Audiobuch-Verlag diese acht Hörspiele in einer Kaufversion herausgebracht hat.
Ein bisschen schade ist sicherlich, dass einige der allerbesten Geschichten in dieser MDR-Reihe nicht untergebracht wurden, ich denke da an die Romane 'Der Tote in der Badewanne' oder 'Lord Peters schwerster Fall' - beide mit exzellenten Plots und Humor in Hülle und Fülle! ... Aber vielleicht werden ja auch diese tollen Stories noch vertont.

'Das Spukhaus im Merriman's End' spielt größtenteils (45 Minuten) in Lord Peters Haus, und besteht überwiegend aus einem sehr langen Dialog (stellenweise Monolog) zwischen dem armen Konstabler und Lord Peter, der sich dessen Geschichte mit großem Interesse anhört. Die Geschichte konzentriert sich dabei vor allem auf die genaue Darstellung des Falls. Wie gewohnt bei Sayers, ist die Story eher bizarr, und man versucht mitzukombinieren, was einem allerdings ebenso schwer fällt wie dem vom Schicksal arg gebeutelten Konstabler, denn die Auflösung des mysteriösen Falls um das verschwundene Haus ist wahrlich sehr ungewöhnlich!

Was sehr gut an den Hörer gebracht wird, sind die Charaktere der beteiligten Personen, allen voran die des Lord Peter: geistreich, mit trockenem Humor, charmant und - selbst in alkoholisiertem Zustand - immer nach britischem Vorbild vorzeigbar und nonchalant! Das ist Lord Peter Wimsey, wie man ihn kennt und sich vorstellt!
Peter Fricke gibt hier eine wirklich gelungene Vorstellung als Lord Peter, und auch Marco Albrecht als verzweifelter Konstabler Burt sowie Felix von Manteuffel in einer kleinen Rolle als Arzt stechen aus dem guten Cast mit sehr guten Leistungen hervor.

Die Geschichte selbst ist völlig effektlos umgesetzt, und im ganzen Hörspiel gibt es kein einziges untermalendes Geräusch! Es wird nur vom Können der Sprecher getragen. Der MDR hat hier in der Tat eine sehr eigenwillige Interpretation der Gattung 'Hörspiel' vorgenommen, an die ich mich nicht richtig gewöhnen kann, denn einige Geräusche hätten der ruhigen Geschichte bestimmt sehr gut getan.

Die Titelmusik, die alle acht Hörspiele dieser Reihe begleitet, ist nur eine kurze Komposition und passt sehr schön zu der Zeit, in der die Geschichten spielen. Ab und zu werden auch zwischen den einzelnen Szenen kurze Musikstückchen eingestreut, die sich aber dezent im Hintergrund halten und kaum auffallen.
Das Cover ziert ein Foto einer Häuserreihe in englischem Stil und schafft eine schöne passende Atmosphäre.


Fazit:

Ich hätte mir eine mit Geräuschen unterlegte Hörspielfassung gewünscht, die die Geschichte etwas lebendiger hätte wirken lassen ... sehr schade ... aber trotz der Geräuschlosigkeit hat das Hörspiel ein gewisses Flair: Ein bizarrer Fall, ein toll kombinierender, sehr gut dargestellter Lord Peter, viel britischer trockener Humor, geistreiche Dialoge - wer intelligente Krimikost mag und sich nicht vor der sehr ruhigen MDR-Produktion scheut, bekommt hier ein gutes Stück englischer Krimitradition serviert.